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Bau-Booster: Bundesregierung beschließt Gebäudetyp-E-Gesetz

Geänderte Fassung des Gesetzes zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz) beschlossen

06.11.2024 - Berlin

Bau-Booster: Bundesregierung beschließt Gebäudetyp-E-Gesetz

Das Bundeskabinett hat am 6. November 2024 den Gesetzentwurf zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz) beschlossen, zu dem auch die Bundesingenieurkammer eine Stellungnahme abgegeben hatte. Gegenüber dem Referentenentwurf von Ende Juli 2024 enthält der beschlossene Regierungsentwurf Änderungen in § 650a und § 650o Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Aktualisierung 15.11.2024

Das Bundeskabinett hatte am 06.11.2024 den Gesetzentwurf des Bundesministerium der Justiz (BMJ) zum sog. „Gebäudetyp-E-Gesetz“ im Bundeskabinett beschlossen. Nach dem Aus der Ampelkoalition hatte der ausgeschiedene Bundesminister Dr. Marco Buschmann in seiner Rücktrittserklärung vom 07.11.2024 ausdrücklich bekräftigt, dass das Gebäudetyp-E-Gesetz noch im Parlament beschlossen werden sollte. Zwischenzeitlich ist das Gebäudetyp-E-Gesetz unter der BR-Drs.-Nr. 555/24 dem Bundesrat zugeleitet worden. Bei einer Anhörung des amtierenden neuen Bundesjustizministers Volker Wissing im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages am 13.11.2024 hat dieser die Umsetzung von laufenden Gesetzgebungsvorhaben seines Hauses zwar für wünschenswert erklärt. Unter den aus seiner Sicht noch zu beschließenden Gesetzentwürfen zählte das Gebäudetyp-E-Gesetz jedoch nicht ausdrücklich. Über den Fortgang dieser Gesetzgebungsvorhaben werden wir informieren.

Bauen in Deutschland soll einfacher, günstiger und schneller werden. Dazu soll das Bauvertragsrecht geändert werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Bundesregierung heute beschlossen. Durch die Änderung des Bauvertragsrechts soll es einfacher werden, von gesetzlich nicht zwingenden Standards abzuweichen. Insbesondere die Abweichung von reinen Komfortstandards soll einfacher werden. Fachleute schätzen, dass sich dadurch jedes Jahr über 8 Milliarden Euro Baukosten einsparen lassen.

Das vorgeschlagene Gesetz trägt die Kurzbezeichnung Gebäudetyp-E-Gesetz. Mit der Wendung „Gebäudetyp E“ werden Bauprojekte bezeichnet, bei denen auf die Einhaltung von gesetzlich nicht zwingenden Standards verzichtet wird.

Hierzu erklärt Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann: „Bauen in Deutschland ist zu teuer. Das ist ein wesentlicher Grund für den Wohnungsmangel. Die Kosten müssen also runter – insbesondere beim Neubau von Wohnungen. Das Gebäudetyp-E-Gesetz kommt deshalb genau zur richtigen Zeit. Wir werden damit einfaches und innovatives Bauen erleichtern. Konkret geht es um den freiwilligen Verzicht auf Komfortstandards. Gutes Wohnen hängt nicht davon ab, dass jede existierende DIN-Norm eingehalten ist. Wer möchte, muss auf die Einhaltung von Komfortstandards verzichten können. Das geltende Bauvertragsrecht macht solche Vereinbarungen unnötig kompliziert. Wir wollen das Bauvertragsrecht deshalb anpassen – und so Bauen einfacher, unbürokratischer und günstiger machen. Das ist keine Kosmetik, sondern ein echter Schritt nach vorne. Fachleute schätzen das Einsparpotential auf mehr als 8 Milliarden Euro pro Jahr. Damit wird der Gebäudetyp E zum Bau-Booster. Klar ist auch: Es geht um Wahlfreiheit beim Wohnkomfort – nicht um Kompromisse bei der Sicherheit. Alle sollen sich den Wohnstandard aussuchen können, der zu ihren Wünschen passt - und zu ihrem Geldbeutel.“


Der Gebäudetyp-E in Bayern

In Bayern gilt bereits seit August 2023 ein „Recht auf Abweichung“ in Art. 63 der Bayerischen Bauordnung. Im Dezember 2023 starteten nach einem Beschluss des Bayerischen Landtags 19 Pilotprojekte in Bayern, die den Gebäudetyp-e in der Praxis erproben und weiteren Regulierungsbedarf identifizieren. Auf Bundesebene wurde entsprechend dem bayerischen Modell die Musterbauordnung angepasst.

Die Bayerische Architektenkammer, die den Planungsansatz zur Vereinfachung des Bauens angestoßen hat, freut sich, dass Planerinnen und Planer die Änderungen nun konkret anwenden können. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau hat den Gebäudetyp-e von Beginn an unterstützt. Jetzt geht das Gebäudetyp-e-Gesetz in das parlamentarische Verfahren und wird voraussichtlich im Frühjahr 2025 in Kraft treten.

Prof. Dr. Norbert Gebbeken, der Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, sagt: „Wir freuen uns sehr, dass die Bundesregierung jetzt das Gebäudetyp-E-Gesetz beschlossen hat. Hier in Bayern arbeiten wir aktuell mit 19 Pilotprojekten an der praktischen Umsetzung, da kommt das Gesetz mit der Änderung des Bauvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gerade passend. Der Gebäudetyp-e bietet die Möglichkeit, aus dem engen Korsett an Normen, die für die Bauwerkssicherheit nicht zwingend erforderlich sind, auszubrechen. Damit können wir einen wichtigen Beitrag leisten, um das Bauen einfacher, schneller, aber auch nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten und so mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen."

Prof. Lydia Haack, die Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, freut sich: „Die Bayerische Architektenkammer hat mit viel Elan und Ausdauer auf die Umsetzung ihrer Initiative hingewirkt, wir sind froh und stolz, dass das Gesetz nun kommen wird. Mein Dank gilt an dieser Stelle allen, die uns dabei auf Bundes- und Landesebene unterstützt haben, vor allem der Bundesarchitektenkammer und den Bayerischen Staatsministerien für Wohnen, Bau und Verkehr sowie der Justiz. Damit wird das Bauen in Deutschland insgesamt schneller, einfacher und kostengünstiger.“

Die Bayerische Architektenkammer und die Bayerische Ingenieurekammer-Bau wünschen sich, dass die in Bayern laufenden Pilotprojekte nun bundesweit Schule machen und einen neuen, vereinfachten Standard setzen. Es bleibt zu hoffen, dass die amtierende Bundesregierung das Vorhaben auf den letzten Metern zielgerichtet zu Ende führt. Entscheidend ist aber auch, dass die Rechtsverordnung für die Normen, deren Einhaltung dann nicht mehr automatisch vertraglich geschuldet ist, noch mutig und entschlossen auf den Weg gebracht wird.


Das Gebäudetyp-E-Gesetz

Das Gebäudetyp-E-Gesetz (vollständiger Titel: Entwurf eines Gesetzes zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus) wurde in engem Austausch mit Architektenschaft, Bauwirtschaft und weiteren Stakeholdern entwickelt. Der Gesetzentwurf wird flankiert von einer umfassenden „Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E“, die das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen erarbeitet hat. Sie soll den Vertragsparteien als Hilfsmittel dienen bei der Gestaltung von Verträgen für Neu- und Umbauten nach dem Gebäudetyp E.

Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf folgende Änderungen im Bauvertragsrecht vor:

  1. Einfachere Abweichung von reinen Komfort- und Ausstattungsstandards

    Die Abweichung von gesetzlich nicht zwingenden Komfortstandards soll beim Bauen künftig einfacher möglich sein. Reine Komfort- und Ausstattungsstandards wie etwa DIN-Normen betreffend die Anzahl von Steckdosen in Wohnzimmern sollen bei Bauprojekten künftig nur dann vertraglich eingehalten werden müssen, wenn beide Vertragsparteien sich ausdrücklich darauf verständigt haben. Ohne eine ausdrückliche Vereinbarung soll die Einhaltung von reinen Komfortstandards nicht geschuldet sein. Im Verhältnis zwischen Bauunternehmen und Verbraucherinnen und Verbrauchern sollen allerdings besondere Hinweispflichten gelten: Bauunternehmen sollen Verbraucherinnen und Verbraucher darauf hinweisen müssen, in welchen „Baubereichen“ (z.B. Schallschutz; Elektrotechnik) von technischen Normen und Regeln abgewichen wird, die reine Komfort- und Ausstattungsstandards betreffen.

    Gegenüber dem geltenden Bauvertragsrecht wäre die vorgeschlagene Neuregelung eine erhebliche Vereinfachung. Das geltende Bauvertragsrecht hat zur Folge, dass reine Komfort- und Ausstattungsstandards unter Umständen auch dann eingehalten werden müssen, wenn dies gar nicht ausdrücklich vereinbart wurde.

  2. Einfachere Nutzung von innovativen, nachhaltigen oder kostengünstigen Bauweisen und Baustoffen

    Beim Bauen soll es künftig einfacher werden, innovative, nachhaltige oder kostengünstige Bauweisen und Baustoffe zu verwenden. Zu diesem Zweck soll die Bundesregierung ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung technische Normen und Regeln zu bestimmen, die die Nutzung von innovativen, nachhaltigen oder kostengünstigen Bauweisen oder Baustoffen erheblich erschweren. Von solchen Normen sollen Bauunternehmen künftig einfacher abweichen können: Sie sollen ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht Vertragsinhalt werden. Ihre Einhaltung soll nur geschuldet werden, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen allerdings vom Bauunternehmer darauf hingewiesen werden, in welchen „Baubereichen“ (z.B. Schallschutz; Elektrotechnik) von den entsprechenden Normen abgewichen werden soll.

  3. Einfachere Abweichung von „anerkannten Regeln der Technik“

    Fachkundige Unternehmer sollen künftig einfacher von den „anerkannten Regeln der Technik“ abweichen können, wenn sie miteinander Verträge über den Neu- oder Umbau eines Gebäudes oder einer Außenanlage schließen. Wollen die beiden Unternehmer von den „anerkannten Regeln der Technik“ abweichen, so soll diese Abweichung künftig nicht mehr voraussetzen, dass der Bauunternehmer den Besteller des Bauwerks über Risiken und Konsequenzen der Abweichung aufklärt. Haben die Unternehmer keine Vereinbarung zu einem Abweichen von den „anerkannten Regeln der Technik“ getroffen, soll eine Abweichung davon künftig unter gewissen Voraussetzungen dennoch keinen Mangel des Bauwerks begründen. Kein Mangel soll künftig vorliegen, wenn (1) die Abweichung dem Besteller vor Ausführung der Bauleistung angezeigt wird, (2) der Besteller nicht unverzüglich widersprochen hat und (3) die dauerhafte Sicherheit und Eignung des Gebäudes gewährleistet ist.

Bundesingenieurkammer: Änderungen in § 650a und § 650o Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Die Bundesingenieurkammerweist darauf hin, dass der jetzt beschlossene Regierungsentwurf gegenüber dem Referentenentwurf von Ende Juli 2024 Änderungen in § 650a und § 650o Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) enthält. Die Bundesingenieurkammer hatte am 26. August 2024 gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer eine Stellungnahme zum Entwurf des „Gebäudetyp-E-Gesetz“ abgegeben.

  • Änderungen in § 650a BGB gegenüber dem Referentenentwurf

    In Absatz 3 wurde die bisherige von vielen Seiten kritisierte Vermutungsregelung ersetzt durch die Bestimmung, dass technische Normen und Regeln, die ausschließlich Komfort- oder Ausstattungsmerkmale betreffen ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht Gegenstand der vertraglichen Leistungspflicht sind. Damit wird klargestellt, dass bestimmte technische Normen und Regeln ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht Gegenstand der vertraglichen Leistungspflicht sind. Ein Abweichen von diesen Normen und Regeln begründet in diesem Fall keinen Sachmangel im Sinne des § 633 Absatz 2 Satz 2 BGB. Damit ist unabhängig davon, ob diese technischen Normen und Regeln im Einzelfall als anerkannte Regeln der Technik angesehen werden, deren Einhaltung nicht geschuldet. Wird die Einhaltung dieser Normen dennoch gewollt, müssen sie explizit vereinbart werden.

    Dies soll auch für technische Normen gelten, die die Nutzung von innovativen, nachhaltigen oder kostengünstigen Bauweisen oder Baustoffen erheblich erschweren. Zur Bestimmung dieser Normen ermächtigt ein neuer Absatz 4 die Bundesregierung zum Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Dies betrifft jedoch nur solche technischen Normen und Regeln, die die Länder nicht zum Gegenstand des Bauordnungsrechts gemacht haben (§ 85a Musterbauordnung).

  • Änderungen in § 650o BGB gegenüber dem Referentenentwurf

    In Absatz 3 Nr. 2 wurde zusätzlich die Auswirkungen auf die Kosten aufgenommen, auf die der Unternehmer den Besteller bei Abweichungen hinzuweisen hat.

Außerdem wird in der Gesetzesbegründung jetzt ausdrücklich klargestellt, dass diese Regelungen neben dem Gebäudebauvertrag auch für den Architekten- und Ingenieurvertrag gelten.


BMWSB: Leitlinien zum Gebäudetyp-E finalisiert und Vertragsrecht im BGB erleichtert

Ergänzend zum Beschluss des „Gebäudetyp-E-Gesetzes“ durch das Bundeskabinett hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen die finalen Leitlinien und Prozessempfehlungen vorgelegt, die das einfache Bauen in die Praxis bringen. Die Leitlinie gibt Projektbeteiligten Hinweise, wie Vereinbarungen für Architekten- und Bauverträge formuliert werden können. Damit soll das "einfache Bauen" in der Praxis rechtssicher umgesetzt werden.

Im Detail zeigt die Leitlinie, wie zwischen Planer/Unternehmer und Bauherrin eine rechtssichere Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) vereinbart werden kann. Sie erläutert die Aufklärungspflicht der Planer/Unternehmer und gibt anhand einiger Planungsbeispiele exemplarische Aufklärungsinhalte und Vertragsformulierungen an die Hand. Ziel der Aufklärung ist es, die Bauherrin so fachkundig zu machen, dass sie eigenverantwortlich entscheiden kann, ob sie der Abweichung zu Gunsten von Kosteneinsparungen zustimmt.

Dazu erklärt Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Gebäudetyp E steht nicht nur für einfach und experimentell, sondern auch für entbürokratisiert. Gemeinsam mit der durch mein Haus und unseren Partnern erarbeiteten Leitlinie stellt die Vertragsrechtsänderung durch das BMJ einen wichtigen Schritt für einfacheres, kostengünstiges und innovatives Bauen dar. Die BGB-Anpassung ermöglicht es, beim Gebäudetyp E rechtssicher vom Baustandard abzuweichen. Das ist eine große Erleichterung für Architekten, Planer, Bauträger und Bauherren. Parallel dazu haben wir die gemeinsame Leitlinie ‚Einfach bauen‘ finalisiert. Das Praxisdokument ist in Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Bündnis bezahlbarer Wohnraum entstanden und bildet durch seine Beispiele und Prozessempfehlungen das Fundament für die Zusammenarbeit beim Gebäudetyp E. Unser Ziel ist, auch in Zukunft qualitätsvoll zu bauen und dabei gleichzeitig schneller und günstiger zu werden, denn der Wohnraumbedarf bleibt hoch. Mit dem Gebäudetyp E überlassen wir kostenintensive, komfortbezogene Entscheidungen darüber, wie künftig gewohnt werden soll, den Vertragsparteien. Das schafft mehr Freiraum, Bauherren finanziell zu entlasten. Ob ich dann 47 Steckdosen in meiner Dreizimmerwohnung brauche oder nur 30, kann ich in direkter Abstimmung und Abwägung mit meinem Planer entscheiden. Die Gebäudesicherheit, z. B. die Statik oder der Brandschutz, bleibt davon unberührt.“

Weitere Informationen und Download

Regierungsentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz)

Informationspapier des Bundesjustizministeriums - Das Gebäudetyp-E-Gesetz

BMWSB: Einfaches Bauen - Gebäudetyp E - Leitlinie und Prozessempfehlung

Quellen: Bundesministerium der Justiz, Bayerische Ingenieurekammer-Bau, Bayerische Architektenkammer, Bundesingenieurkammer, Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, © Logo Gebäudetyp-E: Bayerische Architektenkammer, Fotos: Dominik Butzmann / BMJ, Tobias Hase / BayIka-Bau, Bayerische Architektenkammer, Henning Schacht / BMWSB

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