30.10.2024 - Weimar
Beton ist der bedeutendste Baustoff des 21. Jahrhunderts. An der Bauhaus-Universität Weimar wird der Massenbaustoff weiterentwickelt und im Rahmen des Forschungsprojektes „StimuCrete“ in ein neues Zeitalter geführt. Mithilfe von innovativen Zusatzstoffen soll ein intelligenter Beton entstehen, welcher sowohl im frischen als auch im festen Zustand flexibel angepasst werden kann. Diese Innovation soll das digitale, automatisierte Bauen vorantreiben, aber auch die Lebensdauer von Bauwerken erhöhen.
Rund 1,9 Millionen Euro investiert das Bundesministerium für Bildung und Forschung bis 2028 in die NanoMatFutur-Nachwuchsgruppe unter der Leitung von Luise Göbel, Juniorprofessorin für Werkstoffmechanik an der Fakultät Bau und Umwelt.
Langlebig, widerstandsfähig, formbar – Beton ist ein Hochleistungswirkstoff auf Basis von Zement, Kies und Wasser. Durch das Hinzufügen von Zusatzmitteln wie Verzögerer, Beschleuniger oder Verflüssiger können die Materialeigenschaften des Frischbetons oder des erhärteten Betons gezielt beeinflusst werden.
Das Problem: Einmal durch den Mischprozess und die Rezeptur festgelegt, kann der Beton nach der Herstellung nicht mehr angepasst werden. Oftmals kommt es jedoch durch wechselnde Umweltbedingungen und Rohstoffschwankungen zu Veränderungen, die das Fließverhalten von Beton oder seine Widerstandsfähigkeit ungewollt beeinflussen können.
Das Forschungsteam um Jun.-Prof. Dr.-Ing. Luise Göbel möchte Beton daher intelligenter machen. Die Idee: Durch die Beifügung neuartiger Zusatzstoffe (Additive), welche durch äußere oder innere Anregung (Stimulus) aktiviert werden können, sollen ausgewählte Eigenschaften des Betons auch nach dessen Produktion aktiv beeinflusst werden können.
Im Projekt „StimuCrete - Funktionalisierung von Betonstrukturen durch stimuliresponsive Materialien“ werden über einen Zeitraum von fünf Jahren zwei Ansätze verfolgt: Zunächst soll das Verhalten von frischem Beton aktiv gesteuert werden können. Dadurch könne das Material beispielsweise auf Knopfdruck erstarren.
„Dies ist insbesondere für automatisierte Fertigungsverfahren, darunter den sogenannten 3D-Beton-Druck, von Bedeutung“, erläutert Luise Göbel. Gelingen soll dieses intelligente Materialverhalten durch die Entwicklung von Additiven, die sich infolge einer elektromagnetischen Anregung verändern und dadurch Einfluss auf die Frischbetoneigenschaften nehmen.
Zudem sucht das interdisziplinäre Team, das aus Materialwissenschaftler*innen, Chemiker*innen und einem Elektrotechniker besteht, neue Wege, um die Langlebigkeit von Betonbauwerken zu verbessern. Hierfür werden neuartige Kapseln entwickelt, die in das Material eingebracht werden und sich im Schadensfall öffnen. Dadurch könnten Mikrorisse im Beton selbstständig heilen und die Bewehrung wird vor schädigenden Substanzen geschützt.
„Durch selbstheilenden Beton wird die Baustruktur langlebiger und der manuelle Reparaturaufwand reduziert. Langfristig werden dadurch Ressourcen eingespart und die Umwelt geschont“, bekräftigt die Juniorprofessorin.
Der BMBF-Nachwuchswettbewerb „NanoMatFutur“ ermöglicht Nachwuchswissenschaftler*innen den Aufbau einer eigenen, unabhängigen Gruppe an einer Forschungseinrichtung in Deutschland. Die ebenso innovativen wie fachübergreifenden Forschungsarbeiten bewegen sich im Bereich der anwendungsorientierten Grundlagenforschung mit einem erkennbaren Industriebezug. Sie setzen neue Impulse für innovative Anwendungen in vielfältigen Themenfeldern der Materialwissenschaften, die von Energietechnik über Mobilität und Transport bis zu Gesundheit und Lebensqualität reichen, sowie der Batterietechnologien. Luise Göbel von der Bauhaus-Universität Weimar erhielt als bislang Einzige die hochdotierte Förderung im Themenfeld „Zukünftige Bausysteme“.
Beschreibung:
Der Massenbaustoff Beton wird bislang als Material betrachtet, dessen Eigenschaften mit der Auswahl der Rezeptur und der Fertigstellung des Mischprozesses festgelegt sind. Um jedoch den stetig steigenden Herausforderungen an Ressourcenschonung, Langlebigkeit und Ästhetik gerecht werden zu können, ist es erforderlich, dass das Material über Möglichkeiten verfügt, die eine aktive Einflussnahme auf das physikalische oder mechanische Verhalten erlauben.
Das Forschungsvorhaben setzt sich daher zum Ziel, innovative Additive für Beton zu entwickeln, die mittels einer äußeren oder inneren Anregung aktiviert werden und eine Anpassungsfähigkeit ausgewählter Materialeigenschaften ermöglichen.
Im Vorhaben werden konkret zwei Ziele adressiert. Zunächst soll das Materialverhalten im frischen Zustand bedarfsgerecht beeinflusst werden. Hierfür werden Technologien entwickelt, um die rheologischen Eigenschaften von Beton beeinflussen zu können.
Dies beinhaltet eine Verkapselung von Zusatzmitteln und ihre stimulierte Freisetzung infolge einer externen, elektromagnetischen Anregung ebenso wie die Zugabe von ferromagnetischen Mikropartikeln. Somit können rohstoffbedingte Schwankungen ausgeglichen oder den komplexen Anforderungen von automatisierten Fertigungsverfahren („3D-Betondruck“) Rechnung getragen werden. Digitalisierte Bauprozesse stellen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung des globalen Arbeitskräftemangels dar und tragen zu einem effizienteren Energie- und Materialverbrauch bei.
Ein zweiter Schwerpunkt zielt auf die Aktivierung von Selbstheilungskräften im Beton ab. Dabei werden Additive in Form von Mikrokapseln entwickelt, die auf eindringende Chloridionen, die in bewehrten Betonbauten über ein großes Schädigungspotential verfügen, reagieren und Substanzen freisetzen, die mit mineralischen Betonbestandteilen reagieren und Mikrorisse im Bauwerk verschließen können. Diese autonomen Reparaturkräfte stellen ein bedeutendes Werkzeug für langlebige Baustrukturen dar.
Laufzeit:
1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2028
Förderung:
1.939.896,00 Euro, Drittmittelgeber BMBF
Kontakt:
Jun.-Prof. Dr.-Ing. Luise Göbel
Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Bau und Umwelt
F.A. Finger-Institut für Baustoffkunde
Professur Werkstoffmechanik
Coudraystraße 11A, 99423 Weimar
Telefon: +49 (0) 3643 / 58 4250
E-Mail: lsgbl]n-wmrd
Weitere Informationen
https://www.uni-weimar.de/de/bauingenieurwesen/institute/fib/das-institut/
Quelle: Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Thomas Müller / Bauhaus-Universität Weimar (1,3), Lisa Seibt / Kuckuckdesign (2)
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